Jedes Kind hat sein ganz persönliches Tempo

Mach ´mal langsam!

Frisch aus dem Urlaub hänge ich jetzt zwischen meiner vollen Motivation zu arbeiten und den schönen Erinnerungen an den Familienurlaub. Er war deswegen so gelungen, weil wir uns treiben lassen und unserer Tochter ebenso Zeit gegeben haben, auszusuchen, auszuprobieren, zu machen oder zu lassen ohne das ständige "Komm jetzt!", "Beeile dich!", "Wir müssen los!", "Jetzt nicht!" und vielen anderen Anweisungen, die jeden Tag an das Kind herangetragen werden. Wir hatten kaum Wut-ausbrüche oder schlechte Laune auszuhalten, weil genug Raum war, jedem seine Bedürfnisse zu erfüllen. Mag im Alltag auch schwieriger sein, aber es funktioniert.

Nicht: das Kind kann etwas nicht, sondern wir als eltern müssen abstand von der erwartung nehmen, dass das kind können muss, was wir wollen bzw. weil es andere doch auch machen.

Unsere Tochter ist mehr als 2,5, Jahre und mochte Laufräder oder Bobby Cars nicht besonders. Das war und ist für uns in Ordnung. Wir haben es gezeigt. Es machte aber keinen Unterschied. Sie saß ab und an mal darauf, aber eher weniger bis nicht. Einfach nicht ihr Ding. Im Urlaub kam dann "ihr" Moment. Auf einem Spielplatz beobachtete sie einen Jungen (um die 2 Jahre), wie dieser mit seinem Laufrad kleine Berge auf und ab fuhr. Sie war begeistert und erzählte bis zum Abend vom Laufrad. Nächsten Tag nahm sie sich eigenständig ihr Rad und fuhr los. Wackelig und etwas unbeholfen, aber sie fuhr. Dann blieb sie stehen. machte Pause, ging schiebend mit dem Rad, setzte sich wieder drauf, stieg ab, putze es, fuhr, ließ sich zwischenzeitlich von mir tragen, weil sie nicht mehr wollte, dann wollte sie rennen (ich trug das Rad), dann wieder fuhr sie damit. Ein "Los - fahr mal!" motivierte sie nicht, im Gegenteil. Sie stieg ab oder stehen. Also machte ich Pause beim Laufen, wenn sie Pause vom Laufrad machte. Wir nutzten die Zeit zum Käfer gucken, Steine zu sammeln und zwischendurch zum Laufrad fahren. Ein Kilometer können sehr lang sein, dachte ich immer wieder, aber für meine Tochter war er ja noch länger. Der darauffolgende Tag war grandios. Sie nahm sich ihr Rad, setzte sich drauf und fuhr los. Gekonnt. Teiweise mit beiden Beinen oben. Einfach so. Plötzlich. Allein entschieden. Das machen 1000e Kinder, diese Erfahrung Laufrad zu fahren, ich fand an der Situation nur beachtlich, dass mit weniger Druck, Übung, Förderung dieses Moment kam, sondern im Warten, Zeit geben und Bestätigen die eigentliche Kraft lag.

"Gras wächst nicht schneller, wenn wir daran ziehen!"

Der kleine Junge wollte, ganz zum Erstaunen seiner Mama, an diesem Tag nicht nur auf das Klettergerät, sondern viel lieber darüberkrabbeln. Ich gab nur Sicherheit! Toll gemacht kleiner Mann, du warst sehr mutig!
Der kleine Junge wollte, ganz zum Erstaunen seiner Mama, an diesem Tag nicht nur auf das Klettergerät, sondern viel lieber darüberkrabbeln. Ich gab nur Sicherheit! Toll gemacht kleiner Mann, du warst sehr mutig!

Ich kann in meiner Arbeit immer wieder beobachten, wie die Eltern sich an Tabellen und Maßstäben festhalten und dabei ihr Baby aus den Augen verlieren. KEIN KIND MACHT NIE NICHTS! Jedes Kind hat seine Stärken, seine Vorzüge, Leidenschaften und Vorlieben. Manche Kinder sitzen aus eigener Kraft mit 6 Monaten und andere erst mit 11 Monaten. Beides ist normal. Manche Kinder laufen mit 10 Monaten und andere mit 20 Monaten. Beides ist normal. Manche Kinder futtern Brei ab 4 Monaten und andere bevorzugen bis zum 1. Lebensjahr die Milch als Grundnahrungsmittel. Beides ist normal. Normalität ist breit gefächert, bunt, variabel, anders und speziell.

Zwischen all dem Wahn, was ein Kind können müsste, wie groß und schwer es sein sollte, verlieren wir unsere Intution und unseren Blick für unser Kind, um zu erkennen, was dieses einzigartige Wesen so besonders macht. Vergleichen hilft uns, macht ein Kind aber nicht besser oder schlechter, uns Mütter im Übrigen auch nicht. Eltern sind oft so stark ambitioniert, ihre Kinder hinzusetzen, obwohl es sich noch nicht einmal auf den Bauch dreht und auf den Rücken zurück, und sehen gar nicht, dass ihr Baby mit krummen Rücken sitzt und beim nächsten Wackeln einfach zur Seite kippt. Alles zu seiner Zeit. Geben wir den Babys und Kindern Zeit, sich, ihren Körper und ihr Umfeld allein und in ihrem Tempo zu erleben und zu erfahren.

 

Jedes baby und jedes kind ist zu jedem zeitpunkt perfekt. es hat seinen rhythmus, dinge zu tun oder aus guten gründen zu lassen!